Kontinuumsubtraktion in der Amateurastrofotografie


Die Große Magellansche Wolke, aufgenommen im Juli 2017 auf der Gästefarm Kiripotib in Namibia. Sowohl der Ha als auch der [OIII] Kanal wurden einer Kontinuumsubtraktion unterzogen, bevor diese dem RGB Bild beigemischt wurden. So werden nur die entsprechenden Emissionen farblich betont, nicht aber die Galaxie selber.RGB jeweils 12x600s Ha 14x600s und [OIII] 21x600s. Takahashi FSQ106ED und Moravian G3-16200 CCD Kamera.

Während der CEDIC 2015 lernte ich den britischen Astrofotografen Paul Beskeen kennen,
der mir eine Aufnahme der Andromedagalaxie zeigte, wie ich sie bis dahin noch nicht
gesehen hatte (1). Auf dem Bild sah man, bis auf wenige Sterne, ausschliesslich die in der
Galaxie sichtbaren HII Regionen. Das ganze mutete wie ein Skelett der großen
Nachbargalaxie an, und ich war fasziniert von der genialen wie simplen Idee,die hinter
dieser Aufnahme steckte. Für mich war klar, dass ich das selber einmal probieren wollte.
Was ist die Kontinuumsubtraktion?
Paul Beskeen erklärte mir, dass er im Prinzip eine mit einem Rotfilter aufgenommene
Aufnahme von einer mit einem Ha Filter gewonnenen abgezogen hat. Er selber
bezeichnet diese Methode als „Kontinuumsubtraktion des kleinen Mannes“ und verweist
auf eine Arbeit des Astronomen William H. Waller (2). Waller beschreibt darin zunächst die
Kontinuumsubtraktion, wie sie in der professionellen astronomischen Beobachtung
durchgeführt wird. Dazu wird ein Linienstrahler (Emissionsnebel, PN, SNR) zunächst mit
einem engbandigen Linienfilter aufgenommen, wie wir ihn auch aus der
Amateurastrofotografie kennen (im weiteren Verlauf On-Line Filter genannt).
Anschliessend wird die Aufnahme wiederholt mit einem ähnlichen Filter, dessen Durchlass
im Spektrum aber leicht versetzt ist zur Wellenlänge des Lininestrahlers (Off-Line Filter).
Skaliert man beide Aufnahmen anschliessend passend und subtrahiert das Off-Line Bild
vom On-Line Bild, so entfernt man den Anteil des Kontinuums im On-Line Bild, und erhält
das reine Signal des Linienstrahlers. Solche Filterpaare sind im Amateursektor wenig
bekannt, jedoch erhältlich. Waller beschreibt weiter, wie er anstatt des Off-Line Filters
einen breitbandigen Farbfilter benutzt, der ja ebenfalls Licht des Linienstrahlers und des
Kontinuums enthält. Diese Methode will ich im folgenden beschreiben, ebenso wie die
Probleme, die mit dieser Technik verbunden sind.

Flussanpassung
Für meine ersten Versuche benutze ich Aufnahmen der kleinen und großen
Magellanschen Wolke die ich 2016 und 2017 in Namibia aufgenommen hatte. Mit meinem
apochromatischen Refraktor Takahashi FSQ-106ED und der monochromen CCD-Kamera
Moravian G3-16200 nahm ich Bilder mit jeweils Rot-,Grün und Blaufilterung auf, sowie
engbandige Aufnahmen in Ha und [OIII]. Ziel war eine Subtraktion des Rotfilters vom Ha
Filter sowie des Blau und Grün Filters vom [OIII] Filter. Bei der anschliessenden
Bildbearbeitung tauchten aber schnell die ersten Probleme auf. Die Bilder waren in der
Helligkeit zu unterschiedlich um sie sauber voneinander abzuziehen. Ich habe mich dann
eines sehr einfachen Tricks bedient. Beide Aufnahmen (Linie und Breitband) wurden in der
Software Adobe Photoshop in Ebenen übereinander gelegt und die Ebeneneinstellung auf
Differenz gestellt. Dann habe ich die Helligkeit der breitbandigen Ebene solange variiert,
bis sich das Kontinuum gerade eben auslöscht und nur der Linienanteil übrig blieb. Durch
die Live-Vorschau der Software konnte ich das recht exakt einstellen.

Rotkanal der Aufnahme. 12x600s aufgenommen im Juli 2017 mit Takahashi FSQ106EDund Moravian G3-16200 CCD Kamera. Aufnahmeort war die Kiripotib Gästefarm inNamibia.

Ha Kanal der Aufnahme. 14x600s. Sonstige Aufnahmedaten wie oben.

Das Ergebnis nach der Kontinuumsubtraktion beider Aufnahmen in der Software AdobePhotoshop CC

Diese Methode erschein mir mehr als Spielerei und wenig seriös. Darum suchte ich nach
einer Möglichkeit das ganze etwas korrekter durchzuführen. Ich benutze schon seit vielen
Jahren die Software Theli (3) zur Datenreduktion. Nach Rücksprache mit dem Autor der
Software erfuhr ich, dass die Software ohnehin eine Flussnormierung vornimmt, und damit
in der Helligkeit aufeinander skalierte Bilder produziert. Ich musste diese Bilder also
lediglich in einem Schritt der Datenpipeline abgreifen, und konnte dann eine saubere
Subtraktion vornehmen.

PSF Anpassung
Ein anderes Problem der hier gezeigten Methode wurde durch die Flussanpassung nicht
gelöst. Die Sterne in den beiden Aufnahmen haben im allgemeinen unterschiedliche
Durchmesser aufgrund unterschiedlicher Einflüsse (chromatische Abberation, Seeing etc.).
Bei der Kontinuumsubtraktion erhält man also zwangsläufig Restartefakte. Bei meinen
allerersten Versuchen habe ich mich wieder eines sehr einfachen Tricks bemüht, ich habe
einfach die Sterne aus den Aufnahmen entfernt. Das ist in der Astrofotografie seit einigen
Jahren eine gängige Technik und kann z.Bsp. über mehrere Iterationen des Adobe
Photoshop Filters Staub und Kratzer geschehen. Doch auch das erschien mir zuerst zu
einfach und fühlte sich eher nach Bildmanipulation, als nach sauberer Vorgehensweise an.
Mir erschien es am naheliegensten die Sterngrößen mit einem Convolution oder
Deconvolution Filter zu verändern. Da die Sterne im Schmalbandfilter oftmals kleiner sind,
sollte es ein einfaches sein, diese durch einen Convolution Kernel zu vergrößern. Dadurch
würden aber auch Details in den betreffenden Nebeln verschmieren, womit diese
Vorgehensweise ausschied. Umgekehrt erschien es zumindest theoretisch möglich die
breitbandigen Aufnahmen einer Deconvolution zu unterziehen. Jedoch hätte das in einem
solchen Maße geschehen müssen, dass wiederum deutlich sichtbare Artefakte entstehen
würden (sog. ringing oder Gibbs´sches Phänomen). Also kontaktierte ich Mischa Schirmer,
Astronom am MPIA in Heidelberg und Autor der Software Theli, und besprach mit ihm die
Möglichkeiten der Anpassung. Mischa Schirmer holte mich schnell auf den Boden der
Tatsachen zurück. Die mathematische Beschreibung eines Sternprofils (Point Spread
Function oder kurz PSF) über das gesamte Bildfeld einer Astrofotografie ist komplex, dass
es komplexen mathematischen Überlegungen und hohem Programmieraufwand bedarf,
um eine Angleichung zu erzielen. Das Mittel der Wahl wäre die sog. Difference Image
Analysis, die in Arbeiten von Bramich (4) sowie Alard & Lupton (5) beschrieben werden.
Die Algorithmen dahinter übersteigen meine Möglichkeiten, und so blieben mir letztendlich
nur kosmetische Maßnahmen zur Entfernung der Restartefakte übrig. Mehrere Iterationen
des Filters Staub und Kratzer in Adobe Photoshop haben das Problem schnell gelöst.

Anwendung
Was zunächst wie eine Spielerei bei der astronomischen Bildbearbeitung aussieht, hat
durchaus seine Berechtigung. Die durch die Kontinuumsubtraktion erstellten Bilder können
benutzt werden, um Linienemissionen in RGB Aufnahmen kontrastreicher darzustellen,
ohne gleichzeitig die Objekte, die im Kontinuum strahlen in ihrer Farbigkeit zu verfälschen
(wie am Beispiel der GMW gezeigt). Darüber hinaus ermöglicht es uns Amateuren
zweifelsfrei schwache Linienstrahler im dichten Umfeld der Galaxien und auch der
Milchstraße zu identifizieren. So gelang mir mit dieser Technik der zweifelsfreie Nachweis
der SNR W44 in den dichten Wolken der Milchstraße im Sternbild Adler.

Quellenangaben(1) http://www.beskeen.com/gallery/galaxy/m31/m31.shtml(2) Emission-Line And Continuum Fluxes From Narrow- And Broad-Band Imagery. WilliamH.Waller. Publications Of The Astronomical Society Of The Pacific 102:1217-1223,October 1990(3) https://www.astro.uni-bonn.de/theli/(4) A New Algorithm For Difference Image Analysis. D.M.Bramich. Mon.Not.R.Astron.Soc.386,L77-L81, February 2008(5) A Method For Optimal Image Subtraction. C.Alard, R.H. Lupton. December 1997