Canon EOS Ra - Ein Test


Die Canon EOS Ra ist weltweit die erste spiegellose Digitalkamera, die speziell für die Astrofotografie entworfen wurde. Es handelt sich dabei um eine ab Werk modifizerte Canon EOS R. Im folgenden werde ich die Besonderheiten der Kamera beschreiben und Ergebnisse präsentieren. Dieser Artikel erschien in der Zeitschrift Sterne und Weltraum, in leicht abgewandelter Form.

Einleitung

Kameras der Marke Canon sind seit Einführung der digitalen Spiegelreflexkameras Anfang der 2000er Jahre sehr beliebt unter Astrofotografen. Gründe hierfür waren Anfangs technisch bedingte Vorteile der Canon Kameras gegenüber anderen Herstellern, aber auch die Tatsache das Canon dezidierte Astrokameras auf den Markt gebracht hat, hat sicherlich zur Popularität der Marke unter Astrofotografen beigetragen. So erschien im Jahre 2005 die Canon EOS 20Da und im Jahre 2012 die Canon EOS 60Da. Trotz des Angebots an diesen, speziellen Astrokameras haben es viele Amateure jedoch vorgezogen bereits benutzte, oder gebraucht erstandene Kameras selber umzubauen, oder umbauen zu lassen. Dabei wird ein spezieller Filter vor dem Kamera Sensor entfernt, dessen Funktion es ist, ein für das Auge farblich ausgeglichenes Bild zu erzeugen. Diese sogenannten OWB Filter (OriginalWhiteBalance) schlucken jedoch gut 80% des Ha Lichts. Entfernt man diesen, resultiert das in einem deutlich gesteigerten Kontrast rot leuchtender Emissionsnebel. Zum einen ist ein solcher Umbau in der Regel kostengünstiger als der Kauf einer dezidierten Astrokamera, zum anderen war insbesondere die Canon 60Da eher eine Enttäuschung was die Empfindlichkeit in Ha angeht. Die Canon EOS Ra ist bereits von Werk aus so modifiziert, dass ein solcher Lichtverlust im Ha Bereich nicht stattfindet.

 

Seit wenigen Jahren ist der Kameramarkt im Wandel, und die Digitalen Spiegelreflexkameras (DSLRs) werden mit und mit ersetzt durch Kameras mit einem digitalen Sucher, die somit auf einen Klappspiegel verzichten können (sog. spiegellose Kameras oder DSLMs). Die Firma Canon schien diese Entwicklung zunächst verschlafen zu haben, hat aber mit erscheinen der Canon EOS-R im Jahre 2018 deutlich gegenüber der Konkurrenz aufgeholt. Im Dezember 2019 erschien dann die spezielle Astrovariante der EOS-R, die EOS-Ra. In diesem Artikel möchte ich meine Erfahrungen mit dieser Kamera schildern.

Testaufbau

Canon hat mir freundlicherweise eine solche Kamera zu Testzwecken zur Verfügung gestellt, mitsamt einem 50mm Objektiv mit RF Mount, dem neuen Bajonett System der Spiegellosen Canon Vollformatkameras. Glücklicherweise hatte ich kurzfristig einen Urlaub auf der Kanareninsel Teneriffa geplant und konnte Kamera und Objektiv dorthin mitnehmen. Während man in Deutschland unter Umständen lange auf klaren Himmel warten muss, kann man auf den Kanaren einfach in den Teide Nationalpark fahren und dort, in einer Höhe von ca. 2000m ü.n.N. über den Wolken Astrofotografie betreiben. Also ideale Vorraussetzungen für einen ausführlichen Test.

 

Unterschiede zur nicht Astroversion

Die Canon EOS Ra unterscheidet sich von der normalen EOS R nur durch zwei Features, einem 30x Zoom (gegenüber dem 10x Zoom der Standardversion) und eine vierfache Empfindlichkeit im Licht des einfach ionisierten Wasserstoffs. Ziel meines Tests war es insbesondere der angepriesenen Ha Empfindlichkeit auf den Zahn zu fühlen. Da ich bereits im Besitz der nicht Astro Variante der Kamera war, konnte ich sehr gut Vergleichsaufnahmen machen um exakt das zu testen. Glücklicherweise hatte ich erst vor kurzem meine altgediente Canon 6D zur Astrokamera umbauen lassen und hatte somit einen weiteren Vergleich. Als Testobjekt habe ich mir den Orion ausgesucht, der zur Zeit meines Urlaubs hoch am kanarischen Himmel stand und über zahlreiche HII-Regionen verfügt. Besonders gespannt war ich darauf, wie die relativ schwachen HII Regionen Barnards Loop und der Nebel um Lambda Orionis auf den Aufnahmen erscheinen würden.

Die Kameras wurden jeweils mit einem 50mm Objektiv bestückt und auf einer kompakten Nachführung der Marke IOptron nachgeführt, wodurch Belichtungszeiten bis hin zu zwei Minuten am Stück möglich waren. Zahlreiche solcher Einzelbelichtungen wurden angefertigt und dann zu Summenbildern gestackt. Die Ergebnisse fielen recht eindeutig aus

Sternbild Orion mit der Canon EOS Ra und Canon RF 50mm 1.4 Ojektiv. 104x120s bei ISO800, nachgeführt mit dem IOpron Skyguider Pro. Teneriffa, Januar 2019

Pferdekopfnebel und Großer Orionnebel aufgenommen mit der Canon EOS Ra und Canon 200mm EF L 2.8 bei F/4. 117x120s bei ISO 800

Ergebnisse

Bereits die Beurteilung der Einzelbilder zeigte, dass die Canon EOS Ra gegenüber der nicht Astro Variante deutlich empfindlicher ist im Bereich der Ha Linie. Gegenüber der Canon 6Da ist der Vorsprung zwar nicht groß, aber dennoch sichtbar. Um das Rauschen zu unterdrücken,habe ich jeweils 16 Aufnahmen der Kameras miteinander kombiniert zu einem Rohsummenbild. Auch der Vergleich der so jeweils kombinierten Bilder aller drei Kameras zeigt das gleiche Ergebnis. Die EOS Ra liegt leicht vor der Canon 6Da, beide Kameras hängen in Punkto Ha Empfindlichkeit die nicht Astro Version der EOS Ra deutlich ab.

Zoom

Der 30fach Zoom erwies sich als gute Hilfe beim fokussieren, insbesondere bei kleinen Brennweiten, wo die Sterne ansonsten nur als kleine Punkte auf dem Kameradisplay erscheinen. Bei einem Test mit dem 200mm Objektiv konnte ich auch eine sog. Bahtinov -Maske (eine Fokussiermaske die, vorm Objektiv angebracht, ein charakteristisches Muster an den Sternen erzeugt) verwenden und bequem an Hand der typischen Beugungsmuster fokussieren. Ein echter Zugewinn also.

Vorteile der Bauweise

Den größten Vorteil der Kamera sehe ich allerdings in der Tatsache begründet, dass durch die Bauweise ohne Spiegel das Auflagemaß (Abstand von der Objektivbefestigunsfläche zur Chipebene) der Kamera ca. 22 mm kürzer ist, als bei den DSLRs. Somit rückt der Sensor der Kamera um einiges nach vorne, hin zum Bajonett, wodurch eine geringere Abschattung im Strahlengang stattfindet. Die Canon 6D z.Bsp. hat hier ein deutlich sichtbares Problem in Form einer Abschattung durch den Spiegelkasten. Ausserdem lassen sich nun bei den spiegellosen Kameras ganz bequem Zubehörteile wie etwa Off-Axis Guider oder Filterschubladen in den Strahlengang zwischen Kamera und Teleskop anbringen. Das ist insbesondere bei der Verwendung von Komakorrektoren oder Bildfeldebnungslinsen (Flattener/Reducer) ein deutlicher Gewinn, da diese meistens einen streng einzuhaltenen Abstand zwischen Korrekturlinse und Kamerachip einfordern. Passendes Zubehör gab es zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels noch nicht. Hier sind nun die Astrohändler gefragt.

Ein weiteres, nützliches Feature der Kamera ist ein ausklappbares und schwenkbares Display mit Touch Funktion. Gerade in der Astrofotografie, wo das Einblickverhalten im Sucher oftmals sehr unvorteilhaft ist, erweist sich ein solches Display als sehr nützlich.

Die erste Generation der spiegellosen Kameras litt unter dem Problem der geringen Akkulaufzeiten. Dieses Problem ist bei modernen DSLMs nicht mehr vorhanden. Ich hatte die Kamera bis zu fünf Stunden am Stück im Einsatz, ohne Akkuwechsel, und hatte danach immer noch ca. 75% Ladekapazität. Die Akkus sind übrigens exakt die gleichen, die auch in anderen Canon Modellen verwendet werden, wie etwa der 5D oder 6D.

Vergleichsansicht EOS Ra und EOS 6D. Etwas unglücklich fotografiert, aber man erkennt den Vorteil der EOS Ra in Bezug auf das Auflagemaß.

Front und Rückansicht der Canon EOS Ra

Tageslichttauglichkeit

 

Eine Frage die sich nun einige Leser sicherlich stellen werden ist, ob die Kamera denn trotz der gesteigerten Ha Empfindlichkeit Tageslicht tauglich ist. Diese Frage beantwortet Canon selber mit Nein. Man muss die Dinge aber etwas differenzierter betrachten. Genau wie bei den umgebauten Kameras sorgt die Empfindlichkeit im Ha Bereich für einen deutlichen Rotstich, der auch mit einem manuellen Weißabgleich nicht wirklich zu korrigieren ist. Dies macht sich insbesondere in Hauttönen bemerkbar. Mittlerweile gibt es Clipfilter mit einem sog. OWB Filter Element (Original White Balance Filter), die die Ausgeglichenheit wiederherstellen. Für den Gelegenheitsfotografen und selbst für ambitionierte Hobby Fotografen ist die EOS R somit (und in einigen Fällen sogar ohne einen solchen OWB Filter) uneingeschränkt Tageslicht tauglich. Wer sein Geld mit professioneller Portraitfotografie verdient, der wird vermutlich nicht zu einer astromodifizierten Kamera greifen.

Sensorparameter

Ganz zum Schluss habe ich noch das Rauschverhalten der Kamera dokumentiert. Dazu habe ich paarweise Dunkelbilder (Darks), Hellfeldbilder (Flats) und Offsetbilder (Bias) aufgenommen, und das bei unterschiedlichen ISO Einstellungen. Mit Hilfe der Software PixInsight kann man mit solchen Testbildern verschiedene Werte, wie etwas das Ausleserauschen einer Kamera bestimmen. Erwartungsgemäß zeigte sich das höchste Ausleserauschen bei einem ISO Wert von 100 und das geringste Ausleserauschen bei ISO 6400. Es ist anzunehmen, das noch höhere ISO Werte Kameraintern nur noch durch eine mathematische Operation realisiert werden, somit habe ich auf Test bei höheren ISO Werten verzichtet. Alle hier gemessen Werte entsprechen den Erwartungen und fallen weder negativ noch positiv auf. Auf der Seite photonstophotos.net (Private Website von Wiliam J.Claff) kann man sich die entsprechenden Sensorparameter anschauen, und direkt mit anderen Kameramodellen vergleichen.

Bei meinen Tests fiel mir auf, dass die Kamera bei kleinen ISO Werten deutliche Streifenmuster zeigt, das sogenannte Banding. Dieses Streifenmuster verschwindet allerdings wenn man länger belichtet und/oder höhere ISO Werte benutzt. Für Langzeitbelichtungen im Minutenbereich ist das also kein Nachteil.

Fazit

Die Canon EOS Ra ist eine leichte, kompakte Vollformatkamera die jeden Astrofotografen begeistern wird. Die Ha Empfindlichkeit entspricht den Erwartungen und ist vergleichbar mit einer astromodifizierten DSLR, wie sie im Amateurbereich üblich ist. Besonders nützlich erweist sich der 30fach Zoom sowie das dreh- und schwenkbare Touchdisplay. Die Kamera verfügt selbstverständlich über zahlreiche andere tolle Fotofunktionen, die jedoch für den Astrofotografen zunächst keine große Rolle spielen. Diese werden erst dann interessant, wenn man die Kamera auch in der Tageslichtfotografie verwendet. Dazu ist allerdings ein OWB Filter von Nöten, um die Farbwiedergabe wieder realistisch erscheinen zu lassen. Damit ergeben sich weitere Möglichkeiten, besonders erwähnt sei hier die exzellente Videofunktion der Kamera.

Ein Nachteil der Kamera sei nicht unerwähnt und das ist der relativ hohe Preis. Erstaunlicherweise kostet die Astrovariante der Kamera einiges mehr als die Standardversion. Man kann also durch einen Umbau einer EOS R ebenso zu einer Astrovariante der Kamera gelangen und dabei einiges an Geld sparen. Dann muss man allerdings auf den 30fach Zoom verzichten, ausserdem erlischt damit der Garantieanspruch, da es sich ja um einen gravierenden Eingriff in die Kamera handelt.
Zusatz November 2020:
In meinen Aufnahmen, aber auch in denen anderer Astrofotografen erkennt man gelb-orangene Halos um hellere Sterne. Bei Brennweiten kleiner als 400mm fallen diese Halos auf durch ihre exzentrische Form, bei längeren Brennweiten fallen sie beinahe nicht auf. Es hat sich herausgestellt, das ein IR-Cut Filter diese Halos weitestgehend eliminiert. Canon hat dazu bisher keine Stellung bezogen, in der Amateurszene wurden die möglichen Ursachen für diese Halos diskutiert, mit dem Ergebnis, dass ein solcher IR Cut Filter eine gute Investition darstellt.

 

Einsatzgebiete

Die Canon EOS Ra ist sicherlich in erster Linie für anspruchsvolle Deep-Sky Astrofotografen interessant, jedoch ergeben sich auch für Fotografen nächtlicher Landschaften ganz neue Möglichkeiten.